Mehr als ein Hauch der großen Oper
im Tempelhaus

Sonja Maria Westermann (Sopran) und David Meyer (Klavier) begeisterten die Opernfreunde

[…] Daher wurde am Wochenende das Tempelhaus für einen Abend zum Schauplatz eines wunderbaren Konzertes mit Liedern und Arien von Richard Wagner, Giuseppe Verdi und Wolfgang Amadeus Mozart, das einen Hauch der großen Oper nach Mosbach brachte.

Die Sopranistin Sonja Maria Westermann, in unserer Region bekannt geworden vor allem durch ihre viel beachteten Musical- und Operettenprogramme, stellte sich hier – begleitet von David Meyer am Flügel – mit einem ganz anderen Repertoire vor, das in ihrer Karriere in der letzten Zeit zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Inzwischen hat sie bereits mehrere große Opernrollen verkörpert, u. a. Fiordiligi in „Cosi fan tutte“, Leonora in „Il trovatore“ oder Woglinde in der „Götterdämmerung“. Für das Konzert im Tempelhaus hatten die beiden Musiker vor allem Werke der beiden Jubilare Verdi und Wagner ins Programm genommen, deren 200. Geburtstag die Musikwelt in diesem Jahr feiert.

Den Auftakt allerdings bildeten erst einmal zwei Arien von Wolfgang Amadeus Mozart, zunächst „Porgi Amor“, die Arie der Gräfin aus „Le nozze di Figaro“ und gleich danach aus „Cosi fan tutte“ die Arie der Fiordiligi „Come scoglio“. Beide Arien sind sehr unterschiedlich im Charakter, lyrisch die eine und höchst energisch die andere, aber beide wie geschaffen für Sonja Westermanns prachtvolle Stimme, die inzwischen bei unverminderter Beweglichkeit und lyrischem Schmelz ein beträchtliches dramatisches Potenzial gewonnen hat. Vor allem in der zweiten Arie ließ sie diese dramatische Energie temperamentvoll aufblitzen und begeisterte die Zuhörer, die den Weg ins Tempelhaus gefunden hatten.

Für Stimmen wie diese, von ihrer satten Tiefe bis zur prächtig aufblühenden Höhe über alle Register hinweg wohl ausgewogen und fein timbriert, mag auch Giuseppe Verdi komponiert haben, als er die drei Arien aus „Il trovatore“, „Simon Boccanegra“ und „La forza del destino“ schrieb, die danach zu hören waren. Ihre ungeheure Sanglichkeit macht jede einzelne von ihnen zu einem Mikrokosmos, dessen vielfältige Facetten Sonja Maria Westermann mit ihrer Wandlungsfähigkeit und hohen Musikalität eindrucksvoll herauszuarbeiten wusste.

Im zweiten Teil standen dann Richard Wagners berühmte Wesendonck-Lieder auf dem Programm. Die 1857/58 entstandene Vertonung von fünf Gedichten für eine Frauenstimme und Klavier bietet wegen ihres intimen Charakters auch für weniger ausgeprägte Wagnerianer Reizvolles. Wagner verband mit der Dichterin Mathilde Wesendonck eine innige „Seelenfreundschaft“, ihre Liebe zueinander blieb aber unerfüllt. Das Tragische, Unerreichbare ihrer Beziehung, das in diesen zutiefst romantischen Liedern so eindrücklich thematisiert wird, inspirierte ihn später zu „Tristan und Isolde“. Sonja Westermann und David Meyer schufen eine hochintensive Stimmung, der wertvolle alte Steinway-Flügel mit seinem warmen Klang zeigte gerade hier seine ungewöhnliche Qualität. David Meyer, der seinen weichen, fein schwebenden Pianoklang vielleicht wie kaum ein anderer Pianist herauszulocken weiß, erwies sich trotz der extrem kurzen Vorbereitungszeit einmal mehr als kongenialer, einfühlsamer Partner am Klavier. Den Bogen zum „Tristan“ schlugen die beiden zum Abschluss ihres Programms mit der großen Arie „Isoldes Verklärung“, ein wahrer Kraftakt für Sängerin und Pianisten, der bei den fachkundigen Opernfans im Publikum für Begeisterung sorgte. Für den anhaltenden Beifall bedankten sich die beiden Musiker mit einer Zugabe.

[Pia Geimer | Rhein-Neckar-Zeitung | 11.06.2013]


Both arias are made for Sonja Westermann’s magnificent voice, that hat now won an appreciable dramatic potential at undiminished mobility and lyric sweetness. Especially in the second aria she showed this dramatic energy and impressed the listeners.

For voices like her’s, well-balanced from their rich depth to the gorgeous blooming height and finely timbred, Giuseppe Verdi may have composed, when he wrote the three arias from ‚Il Trovatore‘, ‚Simon Boccanegra‘ and ‚La forza del destino‘. Their immens lyricism makes each of them a microcosm, whose diverse facets Sonja Westermann did work out impressively with her versatility and high musicality.

[Pia Geimer | Rhein-Neckar-Zeitung | 11.06.2013]